Retórica y ficción narrativa de la Ilustración a los romanticismos

Allegoria. Recepción alemana

BARCK, Karlheinz, FONTIUS, Martin, SCHLENSTEDT, Dieter, STEINWACHS Burkhart, WOLFZETTEL, Friedrich (eds.). Ästhetische Grundbegriffe, Historisches Wörterbuch. Stuttgart: J.B. Metzler; C.E. Poeschel, 2010, 7 vols.

Barck, et al. 2010

[Vol 1, p. 65]  Baumgarten hatte im zweiten Teil der Aesthetica von 1758 die Lehre von den Tropen definiert: „Omnis tropus, quam definivi est figura, sed cryptica, cuius genuina forma non statim apparet, quoniam est figura contracta per substitutionem ((1758, 533). / p. 66 (…) Baumgarten beruft sich durchgehend auf Quintilian, und es ist anzunehmen, dass er an dieser Stelle die den Tropen innewohnenden Latenz zur Figur meint und zur ästhetischen Konsequenz geführt hat. (…) Baumgarten ältere Meditationes von 1735, die Gerhard Johannes Vossius neben Julius Cäsar Scaliger als Vorläufer auf dem Gebiet der Poetik sowohl würdigen als distanzieren, hatten neben der Metapher die Synekdoche erwähnt, bevor zur Allegorie kamen, und dabei blieb es dort, was die Figuren als ‚termini improprii’ angeht (Meditationes 66). (…) Die Allegorie führt auch er als continuatio der Haupttropen ein und wie bei Ramus unter Ausnahme der Ironie. (…) Die Ironie schliesst er von dieser Beschreibung explizit (gegen die bestehende, berechtigte Erwartung) aus, obwohl er sie als vierten Haupttropus mit eingeführt hatte. Ähnlich wie Ramus versucht Vossius den allzu losen Quintilianischen Übergang der Ironie von den Tropen zu den Figuren zu kappen. Die Ironie bleibt bei ihm auf die Tropen beschränkt; sie zeigt sich nicht wie die drei anderen zur Allegorie tauglich, sondern sieht sich auf ihr oppositionelles Talent qua Tropus verwiesen. In der Tat war es ja schon die bei Quintilian offengebliebene Frage, inwieweit die Ironie der continuatio syntaktisch entgegensteht, indem sie semantisch punktuelle Zäsuren setzt.


UEDING, G. Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Türbingen: Niemeyer, 1992-2009, 10 vols.

Ueding.  Vol. 1, 330-390

Allegoría, hyponoia

[p. 330-331] Obwohl strukturelle Merkmale der Allegorie auch im Aussersprachlichen zu finden sind, ist sie doch vor allem eine sprachliche Form, die bisweilen alltäglich und spontan, häufiger mit Kenntnis ihrer schulmässigen fachsprachlich beschriebenen Regeln entsteht oder als schon bekannter allegorischer Ausdruck vorkommt. (…) Die sprachliche Aussageform der Allegorie wird häufig zuerst als rhetorischer Tropus verstanden, als etwas unklare, durch Bedeutungsveränderungen schwierige Wortkombination, die Eines sagt, ein Anderes meint und wie alle Tropen einen Gedankensprung erfordert, Sinnübertragung (translatio) von gesagten Bedeutenden (significans) zum gemeinten Bedeuteten / [p. 331] (significatum). Der gedankliche Schritt, in dem die Allegorie von Sprecher und Hörer konstituiert wird, vollzieht sich entweder intuitiv oder methodisch diskursiv als eine Art Vergleich (similitudo) oder Gegensatz (contrarium) zwischen dem allegorisch Bedeutenden und Bedeuteten. Ausgehend von den beiden semantischen Grundmustern, Vergleich und Gegensatz, erkennt man Verwandtschaft der Allegorie mit verschiedenen Redeformen: einerseits mit Metapher, comparatio, exemplum, aenigma, andererseits mit Ironie, Euphemismus, Sprichwort u. a. Der Platz der Allegorie innerhalb der sich historisch wandelnden Tropensysteme wechselt, oft liegt er zwischen Metapher (Allegorie als fortgesetzte Metapher) und Aenigma (dunkle Allegorie als Aenigma). Wenn manche die Allegorie wegen ihrer mehr oder weniger vorhandenen, nicht nur von der Wortgebung, sondern auch von der Findigkeit des Rezipienten abhängen Dunkelheit nicht schätzen, in ihr einen Verstoss gegen das Ideal rhetorischer Klarheit sehen; oder allzu pathetische, schwülstige Wortgebung, dann halten andere gerade ihr die grosse Wirkung tropischer Rede zugute: das Rede und Gegenstand Schmückende, das gebildet Intelligente und reizvoll Komplizierte, das affektiv Berührende und persuasiv Gewinnende, manchmal sogar Notwendige, wenn nämlich in Anbetracht bestimmter Situationen und Gegenstände die andeutende Allegorie (allusio) als allein mögliche Redeweise erscheint. Es gibt viele Anwendungsmöglichkeiten der Allegorie von feierlich prätentiöser, ehrfürchtig mysteriöser oder taktisch vorsichtiger Einkleidung des indirekt zu Sagenden über verbales Tasten und suchendes Umschreiben, aber auch suggestives Argumentieren, anschauliches Belehren und Memorieren, selbst Philosophieren bis hin zu fabulöser Phantastik und Witz, selbst Satire.

Über den Tropus als Gedankenfigur der elocutio, hinaus ist der Allegoriebegriff dadurch erweitert, dass er im Zuge der Allegorese mit Mythos und fiktiver fabula verbunden wurde, ausserdem mit deren Gegenbegriffen facta und historia. Allegorie ist demzufolge einerseits auch Merkmal sprachlicher Grossformen, sie ist nicht selten Kriterium der Konzeption bestimmter literarischer Gattungen, besonders von Epos und Fabel, auch kleinerer Formen der Rätsel und Emblem, zu Zeiten jeder Poesie. Sie kann andererseits in Halb- und Aussersprachlichem vorliegen wie in Ritus, Theater, bildender Kunst, Architektur, Musik und manchmal selbst in Mathematik oder Naturwissenschaften.