Retórica y ficción narrativa de la Ilustración a los romanticismos

Fictio personae. Critica literaria aleman

SCHLEGEL, Friedrich. “Athenäums-Fragmente». 1798. Kritische Schriften und Fragmente (1798-1801)Studienausgabe. Herausgegeben von Ernst Behler und Hans Eichner. Paderborn. München. Wien. Zürich: Ferdinand Schöningh, Band 2. 1988. 105-156. Impreso.

Schlegel, Friedrich, “Fragmentos del «Athenaeum». 1798. Fragmentos, seguido de Sobre la incomprensibilidad. Trad. y notas de Pere Pajerols. Barcelona: Marbot Ediciones, 2009. 57-190.

Schlegel, F. 1798

[frg. 17, p. 106] Die dramatische Form kann man wählen aus Hang zur systematischen Vollständigkeit, oder um Menschen nicht bloß darzustellen, sondern nachzuahmen und nachzumachen, oder aus Bequemlichkeit, oder aus Gefälligkeit für die Musik, oder auch aus reiner Freude am Sprechen, und Sprechen lassen.

Schlegel, F. (Trad. Pere Pajerols, 2009)

 [frg. 17, p. 62] Se puede escoger la forma dramática por una inclinación hacia la totalidad sistemática; o para imitar y reproducir a las personas, en vez de limitarse a representarlas; o por comodidad; o por gusto por la música; o por el mero placer de hablar y hacer hablar. 


SCHLEGEL, F. Literary Notebooks 1797-1801. H. Eichner (ed.). London: Athlone, 1957.

WERNLY, Julia. Prolegomena zu einem Lexikon der ästhetisch-ethischen Terminologie Friedrich Schillers. Leipzig, 1909.

Karlheinz Stierle Fictio /Narratio Verisimiles 

[vol 2, p. 414] Erstmals wird Christian Wolffs Psychologia empirica (1732) die ‚facultas fingendi’ zum Thema einer schulmässigen philosophischen Behandlung gemacht, der eine Betrachtung der imaginatio als Einbildungskraft, als vis imaginationis, vorausgeht. Nicht ausgeschlossen scheint, dass Wolff sich dabei an der ersten grossen Rehabilitation der imagination, Muratoris Della perfetta poesia (1706), inspirierte, in der Muratori dem Rigorismus der französischen Klassizisten, besonders Bouhours, das poetische Eigenrecht der Imagination und damit zugleich eine spezifisch italienische poetische /

[p. 415] Tradition entgegensetzte. Wolffs Gedanken über Imagination und Fiktion betreffen die niederen, das heisst sinnlichen Erkenntnisvermögen, die durch Leibniz einen neuen theoretischen Status erhielten. (…) Die Aufwertung der sinnlichen Erkenntnis und der sinnlichen, zu Figuren kombinierbaren Zeichen vollendet sich in Alexander Gottlieb Baumgartens Aesthetica (1750-1758). Bekanntlich hat Baumgarten de Begriff der Ästhetik selbst erst geprägt und darunter eine Wissenschaft von den „niederen“ Erkenntnisvermögen verstanden, denen die neue Ästhetik erstmals eine eigene Dignität zusprechen wollte. Auch Baumgarten steht, wie sein Lehrer Wolff, unter den Prämissen von Leibniz’ Metaphysik der ‚besten aller Welten’. (…)

Baumgarten unterscheidet zwischen der fictio historica, die unter den Bedingungen unserer Welt steht, der fictio heterocosmica, die in eine andere Welt führt, und schliesslich der fictio utopica, die gleichsam weltlos bleibt und daher keine ästhetische oder poetische Funktion gewinnen kann. Hinzu kommen als eigene Klasse von fictiones die rhetorischen Figuren und die Fabeln und Exempla. Beide, fictio historica und fictio heterocosmica, können uns als Erdichtungen, die in Analogie zur Volkommenheit der Welt steht, eine Anschauung von unfassbaren Ganzen der Welt und seiner Ordnung geben.

Georg Friedrich Meier, ein Schüler Baumgartens, hat in seinen Anfangsgründen aller schönen Wissenschaften (1748-1750) Baumgarten Gedanken zur Ästhetik popularisiert und ihnen eine leichter zugängliche Form gegeben. Bei ihm wird erstmals die „facultas fingendi“ als Dichtingskraft ausdrücklich eingedeutscht. Ihre Gegenstände (figmenta und fictiones) im weiterem Sinne heissen jetzt mit terminologischer Prägnanz „Erdichtungen“.  (…)

Das 18. Jh. hat der Fiktion eine neue philosophische Dignität gegeben, sei es im Sinne der Selbstverwirklichung wie bei Vico oder Rousseau, sei es als Analogie zur besten aller Welten im Sinne von Leibniz. Aber es hat auch die Fiktion als Fiktion ins Licht der aufklärerischen Kritik gestellt. Aufklärung als Entmythisierung bedeutet in erster Linie, dass der Mythos als ‚blosse Fiktion’ oder Fabel durchschaut wird. So zeigt Fontenelle in seiner Historie des oracles (1687) die Bestandlosigkeit der Orakel und ihren gemachten, fiktiven Charakter auf. Der Verstand lichtet die Dunkelheiten und den Nebel einer noch unvollständigen mythischen Phantasie oder ihre bewusste Täuschung.

[vol. 2, p. 417] Gegen den klassizistischen Literaturbegriff Marmontels, der dem Roman keinen Raum gibt und der Fiktion enge Grenzen setzt, steht Diderots Reflexion über die Möglichkeiten narrativer Imagination, die sich bei ihn freilich nicht zu einer Theorie der Fiktion verdichten. Diderot entwickelt einen Begriff des Interesanten als Experimentierbegriff, um dem Ästhetischen neue Räume zu eröffnen. Sein Jacques le fataliste (posh. 1796) ist in diesem Sinne ein interessanter Roman, der den fiktionales Kontrakt zwischen Romanautor und Romanleser in Frage stellt und im Spiel mit dem Leser das Arbiträre der romanesken Setzungen des Romans selbst zum Thema macht. So wird /p. 418 die Fiktionalität der Fiktion in allen ihren Momenten dem Leser immer wieder zu Bewusstsein gebracht. (…) In einer Nachbemerkung zu der Erzählung Les deux amis de Bourbonne (1773) unterscheidet Diderot zwischen conte merveilleux, conte plaisant, un conte historique und fragt nach ihrer Gemeisamkeit.[Diderot Oeuvres romanesques, Bénac, H. (ed.) Paris, 1959, 790-792]. Sie liegt für Diderot einerseits in einer bestimmten „entspannten“ Erzählsituation, andererseits in einer Kunst des kleinen Details, die dem conte auch dann einen Realitätseffekt verleiht, wenn er sich in die „espaces imaginaires“ hineinwagt. (…) Diderot greift hier auf Quintilian zurück, der bereits die Kunst der Lüge als eine Kunst des Details beschrieben hatte. (…) Während der traditionelle Roman als fiction nichts anderes ist als ein „tissu d’événements chimériques et frivoles“ (Diderot Eloge de Richardson 1762, Oeuvres esthétiques, P. Vernière, Paris, 1959, p. 29)wird Richardson als Autor eines Romans vorgestellt, der es verdiente, einer ganz anderen Gattung zuzugehören, eben jener des drame, das seinen Rezipienten unmittelbar anspricht und in den Bann seiner Illusion zieht. Der Roman Richardsons ist gleichsam die Synthese einer ganzen Vielfält dramatischer Situationen, die das drame auf der Bühne nie so erlauben würde. (…) Der Essai sur les fictions (1795) der Madame de Staël, schon an der Schwelle zum 19Jh. Fragt noch einmal nach den Möglichkeiten der Fiktion und will dabei den Beweis führen“que les romans que prendraient la vie telle qu’elle est, avec finesse, éloquence, profondeur et moralité, seraient les plus utiles de tous les genres de fiction“ (Mme de Staël Essais ur les fictions 1795, Oeuvres complètes vol. 1 Paris 1836, 63. (Karlheinz Stierle) ??